Dass die Attraktivität der Feuerwehr in hohem Maße auch vom Zeitgeist abhängt und von der allgemeinen Einstellung zum Staat, zeigt deutlich die Entwicklung der Zwischenkriegszeit.
Nach der geschilderten Ernüchterung nach dem 1. Weltkrieg erhalten allmählich wieder die Begriffe Gehorsam, Treue, Gemeinschaft, Uniform einen neuen Glanz. Den Endpunkt der Flaute und zugleich den Beginn eines neuen Aufschwungs in der FF Wörth stellt die
50-Jahrfeier der Gründung dar, die am 5., 6., 7. Juli 1924 begangen wurde.

"Im Verlauf des (Samstag)Abends warteten die einheimischen Vereine mit Gesang, turnerischen und radsportlichen Vorführungen auf, die ungeteilten Beifall ernteten".

Am 4. August 1927 sucht

"das Kommando der freiw. Feuerwehr (ersucht) den verehlichen Stadtrat um Anschaffung von 10 Uniform-Röcke und auch 10 Gurte, da die freiw. Feuerwehr einen großen Zugang hat und auch verschiedene alte Röcke sehr schlecht sind.
i.A. Börger, Adjutant"

Die Feuerwehr hat also wieder "großen Zugang".

1929 tritt eine Veränderung in der Organisation der FF Wörth ein: Neben, bzw. vor den Kommandanten tritt nun ein Vorstand (der bisherige Kommandant Sührer). Der neue Kommandant Karl Börger geht mit frischem Elan an seine Arbeit heran. Man merkt aus den schriftlichen Quellen, wie er von Anfang an bestrebt ist, seiner Wehr das nötige Rüstzeug an theoretischem Wissen und praktischem Können beizubringen. Der strebsame und fähige Kommandant wird wegen seines Einsatzes und seines Könnens 1934 zum Bezirksoberbrandmeister ernannt.

Allerdings: Der neue Kommandant wollte sich von seiner Arbeit in der Wehr nicht abbringen lassen von Störmanövern aus der Politik, die seit dem 30. Januar 1933 in alle Bereiche des Lebens hineinzuwirken und so auch die Feuerwehr "gleichzuschalten" versuchte.
So ist es nicht verwunderlich,

"wenn der Stadtrat, der nur aus Nationalsozialisten besteht, gegen die Ernennung des Börger Einspruch erhebt" (so Bürgermeister Schnabel am 9. 4. 1934 an die Landesbranddrektion)

Schon einige Wochen vorher wurde die Person des Kommandanten folgendermaßen abqualifiziert (mit Original-Rechtschreibfehlern):

"Das Handeln des Herrn Börger entspricht nicht im Sinne der nationalsozialistischen Regierung und ist vom sittlichen und moralischen Standpunkt aus nicht vertretbar" (20.3.1934).

Aber Börger hatte genug Rückhalt in der Feuerwehr - und er blieb. Das ging allerdings nur unter einer Bedingung: er mußte mitmachen und sich anpassen. In der Generalversammlung am 18. Januar 1935 kommentierte Börger seinen Tätigkeitsbericht.
Er
"gab zum Ausdruck, daß derselbe im neuen Jahr ein anderer sein wird, nachdem ganz andere Arbeit geleistet werden muß, wie es unser Führer im neuen Deutschland vorschreibt."

Die Versammlung wurde geschlossen "mit dreimal donnernd Sieg Heil."

Auch die Feuerwehr in Wörth wird - wie das ganze "neue Deutschland" - nach dem Führerprinzip geordnet, als am 17. Februar 1935 in einer "Ausschußsitzung, zugleich Führerbesprechung" der Kommandant "die mannschaft in Kolonnen oder Trupps einteilt" und "dieselben dann den Führern" übergibt.
Das Ende der Gleichschaltung ist am 10. April 1940 erreicht:

"Nach § 6, Abs 1 des Gesetzes über das Feuerlöschwesen vom 23. 11.1938 ist die Freiwillige Feuerwehr in ihrer Eigenschaft als Verein aufgelöst. Die Freiwillige Feuerwehr ist künftig eine Hilfspolizeitruppe unter staatlicher Aufsicht."

Die FF hat damit ihre Eigenständigkeit verloren. Diese Neuordnung bringt eine Reihe von Veränderungen mit sich. Zwei Beispiele:

1.
In der Liste der Feuerwehrmänner werden folgende statistischen Angaben neu vermerkt:
Parteimitglied? Deutschblütige Abstammung?

2.
Die Feuerwehrmänner werden nunmehr vereidigt (1940)

..." die Kameraden die Eidespflicht-Worte treu nachsprechen, hierauf marschierten wir auf die obere Mainwiese, wo noch eine halbe Stunde exerziert wurde.
... Kommandant Börger dankte Herrn Bürgermeister und sprach mit den Kameraden auf den Führer und Groß-Deutschland 3 mal donnerndes Sieg Heil aus" (Protokollbuch).

Schließlich wird der Kommandant folgerichtig zum "Wehrführer" ernannt:

"Der Wehrführer eröffnete den Appell mit dem Gruß Heil Hitler . . . ermahnte alle Kameraden, sich an unserem genialen Führer, der sein ganzes Leben dem deutschen Volke verschrieben habe, aufzurichten ..."

Die Feuerwehr erscheint jetzt klar als Teil der Polizei, als "Sturmkolonne des "Führers", eine Art parmilitärische Truppe. Die Propagandaphrasen des III. Reiches werden nachgebetet, man spricht für die im Felde stehenden Kameraden (betrachtet sich selbst also als Soldat), man übt mit Gasmasken. Ein Beispiel: Der Tag der deutschen Polizei am 16. Februar 1941.

"Um 10 Uhr 45 war die Mannschaft vor dem Kriegerdenkmal am Adolf Hitler Platz abgetreten. Der Meldung durch Wehrführer Börger folgte die feierliche Flaggenhissung ..."
Nach der Beendigung der schlichten Feier "ging die gesamte Mannschaft ... zum Sammeln für das Kriegs-Winterhilfswerk" (Ergebnis 653,18).
In der stolzen Gewißheit, mit diesem kleinen Beitrag für das W.H.W. dem Führer beim Endsieg gegen England einen Dienst erwiesen zu haben, trennten sich die Feuerwehrmänner."

Der Zweite Weltkrieg, der in Wörth glücklicherweise keine nennenswerten Zerstörungen hinterließ, zeigte dennoch seine Auswirkungen:

Übung am 13. 10. 1941: "Es wurde ein Luftangriff mit Spreng- und Brandbomben angenommen, der an verschiedenen Stellen der Stadt Brände entfacht haben sollte."

Die Ehrungen für gefallene Feuerwehrmänner wurde zu einer traurigen Routineübung.